Weekly Reads 04 (Die Krisen des Liberalismus)
Einsamkeit, Identitäten, Globalisierung, Feindbilder, Falsches Vokabular
Guten Morgen aus Constanța,
Ich habe das gute Wetter am Wochenende (20 Grad!) genutzt, um ans Meer zu fahren. Im Sommer soll hier einiges los sein, derzeit ist es aber noch etwas verlassen. Für einige Strandspaziergänge – der Strand ist direkt in die Stadt integriert – hat es sich trotzdem schon gelohnt. Gleich gehe ich ins „Romanian Navy Museum“. Mit Blick auf die strategische Rolle des Schwarzen Meeres ist das ein zunehmend wichtiges Thema. Und man darf nicht vergessen, dass wenige Stunden von hier - die Küste aufwärts - weiterhin Krieg in Europa herrscht. Das wird man sich in Rumänien oft noch viel direkter bewusst.
Auf Twitter hatte ich angekündigt, dass ich diese Woche über die viel beschworene „Krise des Liberalismus“ spreche. Nach den Ankündigungen von Kanzler-in-spe Merz überlegte ich kurz, die Gründe und Implikationen zu diskutieren. Aber das kann noch etwas warten – bis nächsten Sonntag!
Für diese Zeiten wird oft das – fälschlicherweise – Lenin zugeschriebene Zitat „Es gibt Jahrzehnte, in denen nichts passiert; und Wochen, in denen Jahrzehnte passieren“ angeführt. In gewisser Weise fühle ich mich aber auch an die Schneesturm-Szene in Thomas Manns Zauberberg erinnert. Für viele Jahre war die Zeit an Hans Castorp im sicheren Sanatorium in Windeseile vorbeigezogen. Gefallen hatte ihm das nicht. Erst als er bei einer Schneewanderung plötzlich in einen Schneesturm geriet, merkte er, wie die sich krümmende, sich verlangsamende Zeit auch zu einem Albtraum werden kann. In einer solchen Phase befinden wir uns gerade.
Entschuldigt das Abschweifen – auch diese Veränderung des Zeitgefühls verdient eigentlich einen eigenen Newsletter. Diese Woche geht es also um die Krise des Liberalismus. Dieses Thema knüpft nahtlos an die Krise der Demokratie an. Zyniker wie Philip Manow sehen hier ohnehin keinen Unterschied mehr, weil Demokratie mit liberaler Demokratie gleichgesetzt wurde. Ich sehe das teilweise ähnlich: Viele Krisen der Demokratie sind eher Krisen des Liberalismus. Und viele Demokraten, die in den vergangenen Jahrzehnten täglich den Liberalismus kritisierten, haben den Zusammenhang zwischen liberaler Demokratie und Liberalismus ausgeblendet.
Wie ich schon für das Zentrum Liberale Moderne schrieb, lässt sich diese Krise aber nicht nur externalisieren. Es gibt strukturelle Gründe, liberalismusinterne Gründe und tektonische Verschiebungen in der Außenpolitik, die die Krise bedingen. In meinem oben genannten Text hatte ich einige Gründe bereits erläutert. Heute versuche ich, zusätzliche Faktoren zu nennen und empfehle sechs Texte und drei Bücher. Mögliche Lösungsansätze gibt es heute - noch - nicht.
Viel Spaß!
Die Krisen des Liberalismus
1. Where loneliness can lead (Samantha Rose Hill, Aeon)
“But in the middle of the 20th century, Arendt approached loneliness differently. For her, it was both something that could be done and something that was experienced. In the 1950s, as she was trying to write a book about Karl Marx at the height of McCarthyism, she came to think about loneliness in relationship to ideology and terror. Arendt thought the experience of loneliness itself had changed under conditions of totalitarianism:
“What prepares men for totalitarian domination in the non-totalitarian world is the fact that loneliness, once a borderline experience usually suffered in certain marginal social conditions like old age, has become an everyday experience of the ever-growing masses of our century.””
“Arendt’s answer was: because loneliness radically cuts people off from human connection. She defined loneliness as a kind of wilderness where a person feels deserted by all worldliness and human companionship, even when surrounded by others. The word she used in her mother tongue for loneliness was Verlassenheit – a state of being abandoned, or abandon-ness. Loneliness, she argued, is ‘among the most radical and desperate experiences of man’, because in loneliness we are unable to realise our full capacity for action as human beings. When we experience loneliness, we lose the ability to experience anything else; and, in loneliness, we are unable to make new beginnings.”
“But life is messy. Amid the chaos and uncertainty of human existence, we need a sense of place and meaning. We need roots. And ideologies, like the Sirens in Homer’s Odyssey, appeal to us. But those who succumb to the siren song of ideological thinking, must turn away from the world of lived experience”
NO: Einsamkeit ist heutzutage ein Thema, das von rechts ausgenutzt und von links bespielt wird. Das ist schade, weil von liberaler Seite hierzu auch viel zu sagen wäre. Der Begriff der Ligaturen, wonach sich Lebenschancen nur in einem Bezugsumfeld entfalten können, ist einer der bekannteren Begriffe von Ralf Dahrendorf. Einsamkeit ist ein Grund, warum sich high-trust societies in low-trust societies entwickeln. Auf den Wert von Gesellschaft hätte man stärker achten müssen. “There is no such thing as a society” war schon immer Blödsinn, weil sich die Freiheit nur in gepflegten Gesellschaften langfristig durchsetzen kann. Das vielbeschworene Böckenförde-Diktum “der freiheitliche Staat lebt von Voraussetzungen, die er selbst nicht garantieren kann” war im Kern schon immer mehr für den Liberalismus zutreffend als für die Demokratie. Lösungen für die Einsamkeitskrise sind dringend notwendig.
2. The End of Identity Liberalism (Mark Lilla, The New York Times)
“Finally, the whitelash thesis is convenient because it absolves liberals of not recognizing how their own obsession with diversity has encouraged white, rural, religious Americans to think of themselves as a disadvantaged group whose identity is being threatened or ignored. Such people are not actually reacting against the reality of our diverse America (they tend, after all, to live in homogeneous areas of the country). But they are reacting against the omnipresent rhetoric of identity, which is what they mean by “political correctness.” Liberals should bear in mind that the first identity movement in American politics was the Ku Klux Klan, which still exists. Those who play the identity game should be prepared to lose it.
We need a post-identity liberalism, and it should draw from the past successes of pre-identity liberalism. Such a liberalism would concentrate on widening its base by appealing to Americans as Americans and emphasizing the issues that affect a vast majority of them. It would speak to the nation as a nation of citizens who are in this together and must help one another. As for narrower issues that are highly charged symbolically and can drive potential allies away, especially those touching on sexuality and religion, such a liberalism would work quietly, sensitively and with a proper sense of scale. (To paraphrase Bernie Sanders, America is sick and tired of hearing about liberals’ damn bathrooms.)”
NO: Ich hätte hier auch direkt Lillas Buch oder Fukuyamas Buch zur Identitätsfrage nennen können. Die analytische Schwäche der Identitätspolitik hat sich durch die Wahl Trumps gezeigt. Die Ausdifferenzierung von Identitäten (in a nutshell: in lateinamerikanische Trump-Wählerinnen und weiße Harris-Suburban-Dads) schreitet auch politisch voran. Der linke Fokus auf Intersektionalität hat zu gänzlich falschen Prämissen geführt - eine richtige Intersektionalismus-Analyse hätte diese Ausdifferenzierung vorhergesehen. Aber auch Liberale schaffen es oft nicht, einen Ausweg aus der Identity-Trap zu finden. Eigentlich müssten sie die Ausdifferenzierung von Identitäten begrüßen - Individualisierung pur! Aber gleichzeitig sucht man in politischer Kommunikation oft noch einen Archetyp von Wähler. Da wird gegen Avocado-Toast-Hippies gewitzelt oder dumme Sprüche gegen Fahrradfahrer gebracht - obwohl sich dort auch viele Liberale finden. Als eigenen Archetyp vertritt man irgendwie den Kleinstadt-Autofahrer. Teilweise versucht man auch noch die Sozialstruktur des letzten Jahrhunderts zu imitieren. Was Linke und Liberale von Lilla und Fukuyama lernen können. Identitäten sind wichtig, man darf sie nicht ignorieren. Aber sie müssen in einem größeren Rahmen gedacht werden. In den USA spricht man oft von einem “Big Tent of Liberalism” - einem großen Zelt der Liberalen. Anstatt überall die “Sozialisten aller Parteien” zu wittern, sollte man heutzutage die Bündnispflege präferieren
3. Der Feindlose Staat (Ulrich Beck, ZEIT)
“Der sowjetische Imperialismus war auch ein Freundschaftsakt für den Westen. Zum einen stellte er einen klassischen Unruheherd in Europa kalt. Wie sehr die kommunistische Diktatur hier dem Westen das Leben erleichterte, wird heute deutlich, wo weder die EG noch die Uno in der Lage sind, die kriegerischen Konflikte im zerbrochenen Jugoslawien zu beenden. Der Sowjetimperialismus leistete das, was der Westen gar nicht mehr leisten kann.”
“Feindlosigkeit heißt nicht Feindbildlosigkeit, im Gegenteil entsteht damit umgekehrt ein unstillbarer Bedarf nach neuen Feindbildern. Daß nach dem Ende des Kalten Krieges überall blutige Konflikte aufbrechen: wer kann das leugnen. Auffällig ist jedoch, daß gerade in einem Land, das sich zum ersten Mal in seiner kriegerischen Geschichte "von Freunden umzingelt" sieht, ein so reger Handel mit allen möglichen und unmöglichen Feindbildern unter eifriger Beteiligung von Intellektuellen aller Gesinnungsgattungen blüht.”
“Gerade die Suche, Sucht nach kollektiven Identitäten, die wir jetzt erleben, widerspricht nicht, sondern ist ein Produkt der ins Anomische durchschlagenden Individualisierung. Einerseits drehen sich die Menschen unter dem Diktat der Marktverhältnisse um die Achse ihres eigenen Lebens. Andererseits romantisieren die einen Familie, die anderen beschwören den Untergang, entdecken die Esoterik, die Identität des Überschaubaren, führen einen verbissenen Kampf gegen Giftteufel oder bekennen mit aggressiver Lust: Ich bin stolz, ein Deutscher zu sein.”
NO: das ist ein Text, den ich ständig überall erwähne. Er ist fast noch prophetischer als der Text von Dahrendorf zum “Autoritären Jahrhundert”. Feinbilder sind (aus guten Gründen!) im (links)liberalen Lager verpönt, und gelten als Ausdruck des rechten und linken (man denke an Chantal Mouffe) Populismus. Tatsächlich leidet die liberale Demokratie - um im weiteren Sinne auch der Liberalismus daran - dass seit dem Fall des Eisernen Vorhanges die Feindbilder fehlen. Liberalismus als antitotalitäres Gegenprogramm hat effizient funktioniert. Die neuerdings aufgebrachte Kritik von u.A. Samuel Moyn am “Cold War Liberalism” hat das teilweise verstanden, aber verwirft die Idee, dass in einem neuen Systemkonflikt der Liberalismus wieder solche Feindbilder pflegen sollte. Ich denke, hier sollte man pragmatischer sein. In Polen macht das Donald Tusk beispielsweise gut. Im Kleinen sind Feindbilder weiterhin abzulehnen, aber im Äußeren können sie stabilisierend wirken. Hier sind wir wieder bei Identitäten, die Liberale politisch nur in solch größeren Kategorien bespielen sollten. Im ersten Schritt müsste man aber definieren, was es wirklich zu verteidigen gilt.
4. What happened to Liberal Conservatism? (Edward Faccett, Financial Times)
For a liberal, left or right, the silence of liberal conservatism ought to worry them. That is true not just in Britain but in the rest of Europe and the US. Where are the speechwriters of the liberal right making sense of such turmoil, telling a convincing historic story of where we should be headed and what strategy would help us get there? They are there. They know the common liberal values they should be speaking for. Yet they have been silenced by the voices and vigour of the hard right.
No convincing narrative with rhetorical appeal is on offer either from an equally confused and silent liberal left. Well-identified problems and intelligent offers for their solution abound in a troubled liberal world but defences of that world itself and its values are barely heard. They are spoken for in well-hewn essays, yes, but not crowed and shouted as they ought to be.
Into that silence has burst the seductive, angry music of a hard right. The future health of conservatism in any historically recognisable form will depend a lot on whether or not there remains a strong voice in politics for liberal conservatives — the kind who do not need enemies.
Es ist auch fast schon common knowledge, dass Mitte-Rechts-Parteien eine zentrale Rolle dabei spielen, rechtsextreme Parteien klein zu halten. Im Französischen spricht man von einem Cordon Sanitaire, Deutsche lieben das Wort Brandmauer – die natürlich schon sinngemäß hinter – und nicht vor – den Konservativen hochgezogen werden sollte. Eine starke Mitte-Rechts-Partei spielt aber auch insofern eine wichtige Rolle, als dass sie den Kulturkampf einhegen kann. Historisch hatten starke Mitte-Links- und Mitte-Rechts-Parteien das Bürgertum zum politischen Normalfall gemacht, an dem sich das linke und rechte Kleinbürgertum orientierte. Mit dem Aufstieg des Rechtspopulismus kommt es zum Aufstieg von Politikern, die rhetorisch in den Blaumann schlüpfen, um so in einer unheiligen Allianz mit Arbeitern und Kleinbürgern Wahlen zu gewinnen. Unter diesen Bedingungen kann sich ein selbstbewusstes Bürgertum natürlich nicht entfalten. Die Krise des Liberalismus ist eine erweiterte Krise des Bürgertums und das Abdriften von Konservativen ein Symptom dessen.
5. On the Recurrence of Neoreactionaries (Yuk Hui, e-flux Journal)
“This is the paradox of globalization, which consolidated American imperial power by expanding the world market. In the end, one returns to the state hoping for it to stop or at least alter this process—hence a return to nationalism, to statism, to national religion. This contradiction leads to what Hegel called “unhappy consciousness,” an awareness of a contradiction without knowing how to overcome it. For the neoreactionary Peter Thiel, this contradiction emerged when the West no longer profited from the globalization it started. Instead, the West became vulnerable in the wake of the 9/11 attacks. Thiel identified the root of this problem in the Enlightenment, whose values such as liberty and democracy were once the cornerstone of republican state-building, but which had lost their efficacy to cope with international politics.”
“Like a salmon, the world spirit now returns to where it began and where it will probably end. This rhetoric is redolent of proclamations in China today of a rising East and declining West (东升西降), which might sound like good dialectics—perhaps too good to be true. The West is trapped in unhappy consciousness, resenting that ways that globalization benefited non-Western countries while causing the West itself to lose its competence and identity. In a similar fashion, Oswald Spengler lamented that the West exported technology to Japan at the turn of the twentieth century only for Japan to rise from the rank of student to teacher with its defeat of Russia in the 1905 war.”
“How does one move out of unhappy consciousness? René Girard, the méta penseur of Thiel, Vance, and the neoreactionaries, developed a theory of scapegoating that calls for the sacrifice of something to resolve a conflict within a community and restore “purity,” as with the sacrifice of Jesus Christ.”
NO: Das ist der ungewöhnlichste Text von allen. Er behandelt im Kern den Aufstieg der sogenannten Neo-Reaktionären. Eine Bewegung, die ich hier schon vorgestellt hatte. Der Artikel schließt im Grundsatz an den letzten Artikel an. Die Niederlagen der Konservativ-Liberalen sind die Erfolge von (neo)reaktionären Bewegungen, die sich durch ein anti-globalistisches Programm auszeichnen. Tatsächlich haben Liberale unterschätzt, wie viele Menschen ein “unglückliches Bewusstsein” entwickelt haben. Ohne das jetzt hegelianisch zu überhöhen, gab es schon ein allgemeines Gefühl, dass etwas falsch läuft - aber man konnte es nicht artikulieren. Rechtspopulisten haben diesen Menschen eine Stimme gegeben. Dass selbst “Libertäre” wie Thiel hier mitmachen, lässt sich wiederum einfach durch René Girard auflösen. Der Scapegoat, den sich Thiel und Co. ausgeguckt haben, ist der Liberalismus. Man lässt sich auf eine Allianz mit reaktionären Kräften ein und muss dafür den Liberalismus fallen lassen, kann aber so die Institutionen überwinden, die man für den unzureichenden Status Quo verantwortlich macht.
6. Why Liberals Struggle with Epochal Change (Ivan Krastev, The Atlantic)
In 1989, I was living within a Warsaw Pact nation, in my final year of studying philosophy at Bulgaria’s Sofia University, when the world turned upside down. The whole experience felt like an extended course in French existentialism. To see the sudden end of something that we had been told would last forever was bewildering—liberating and alarming in equal measure. My fellow students and I were overwhelmed by the new sense of freedom, but we were also acutely conscious of the fragility of all things political. That radical rupture turned out to be a defining experience for my generation.
Tusk offered Poles a new grand narrative, not simply a different electoral strategy. Civic Platform’s success still depended on forming a coalition with other parties, a potentially fragile basis for governing, but it offers a template, at least, for how the liberal center can reinvent itself and check the advance of illiberal populism.
“Back in 1989, the political scientist Ken Jowitt, the author of a great study of Communist upheaval in that period, New World Disorder, observed that a rupture of this type forces political leaders to devise a new vocabulary. At such moments, formerly magic words do not work anymore. The slogan “Democracy is under threat” did not benefit the Democrats during the election, because many voters simply did not see Trump himself as that threat.
As the writer George Orwell observed, “To see what is in front of one’s nose needs a constant struggle.” The challenge of apprehending the new, even when the fact of its arrival is undeniable, means that it may come as a shock to liberal sensibilities how few tears will be shed for the passing of the old order. Contrary to what seemed the correct response in 2016, the task of Trump opponents today is not to resist the political change that he has unleashed but to embrace it—and use this moment to fashion a new coalition for a better society.”
NO: Und zuletzt der wichtigste Artikel in dieser Woche. Vermutlich schon deswegen, weil er der einzige aktuelle Text ist. Er spricht etwas an, was ich schon vor einigen Wochen in einem Gespräch mit Alexander Schwitteck vom Zentrum Liberale Moderne bemerkt hatte: uns Liberalen fehlen oft die Begriffe für diese neue Epoche. Es mag komisch klingen, wenn ein 22-Jähriger das sagt, aber ein Großteil meines politischen Vokabulars basiert auf Philosophen der Nachkriegszeit (Shklar, Berlin, Dahrendorf usw.) und politikwissenschaftlichen Debatten der 80er-Jahre (Beck, Habermas, Fukuyama usw.). Umso größer ist oft die Versuchung, als Antwort auf den Trumpismus in diese Welt zurückzukehren. Sich die heile Pre-Trump Welt zu wünschen, ohne einen realistischen Weg dorthin zu haben. Donald Tusk zeigt, dass sich ein selbstbewusster Liberalismus durchsetzen kann - aber es wird kein Purismus mehr sein können. Die Notwendigkeit, eine liberale Agenda und liberale Begriffe für die nächsten Jahrzehnte zu entwickeln, war nie größer. Gleichzeitig sollte man nicht den Versuchungen verfallen, einfach gleich die Geige des Autoritären zu spielen. Es ist eine neue Welt, dieser werden sich Liberale in Regierungen auch bald annehmen müssen.
Buchempfehlungen
Diesen Part hatte ich in den letzten Wochen vergessen. Ehrlicherweise, ich lese gerade auch (zu) wenig. Aber diese Bücher habe ich in dieser Woche (teilweise erneut) gelesen.
Six Faces of Globalization (Nicolas Lamp & Anthea Roberts)
NO: Lamp ist ein Alumni meines Studienganges (IB in Dresden), deswegen mag meine Empfehlung etwas biased sein. Aber wer die verschiedenen Sichten zur Globalisierung und die daraus folgenden Konflikte in der Politik verstehen will, findet hier einen guten Startpunkt)
Der Verrat der Intellektuellen (Julien Benda)
NO: ein Buch was ich - für meinen Artikel im Isonomia Quarterly - sehr aktiv gelesen habe. Fukuyama hatte einst davor gewarnt, dass die Intellektuellen in einer Zeit der großen Langeweile wieder versucht sein werden, in die Geschichte neu einzutauchen. Dies erleben wir gegenwärtig von allen Seiten. Aber again: Krastev beschreibt gut, dass ein unglückliches Bewusstsein (Hello again, Hegel) nicht ausreicht. Lektüre lohnt trotzdem.
Why Nothing Works: Who Killed Progress - and how to bring it back (Marc J. Dunkelmann)
NO: nicht alles in diesem Buch ist auf Deutschland übertragbar, aber auf Twitter schrieb ich bereits, dass das das Leitbuch der neuen Regierung sein müsste, wenn die Infrastrukturprojekte nur im Ansatz funktionieren sollen. Im Kern geht es darum, was sich schon vor zwei Jahren in der WirtschaftsWoche schrieb: der regulatorische Wut der Risikogesellschaft hat dazu geführt, dass Fortschritt verunmöglicht wird. Das zeigt sich dann in ausbleibendem Wohnungsbau oder verhinderten Stromtrassen.
Persönliche Updates
In dieser Woche gibt es keinen neuen Text von mir, ich habe aber zwei Manuskripte abgegeben, die dann irgendwann in nächster Zeit veröffentlicht werden. Die nächsten Wochen werde ich nutzen, um bis zu meinem Semesteranfang im April quer durch Osteuropa zu reisen. Serbien, Kroatien, Moldau, Bulgarien, Slowenien: das wird gut.
Beste Grüße,
Nikolai